PSP GmbH

Dipl. Ing. Gunter Hankammer

ö.b.u.v. Sachverständiger

Gutachten und Seminare über Schimmelpilz

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Schimmelpilzbildung in Wohnungen

Schimmelpilzbildung in Wohnungen ist in zunehmendem Maße der Streitgegenstand in Mietrechtsangelegenheiten. Bei der rechtlichen Bewertung der Verschuldungsfrage ist eine sichere Beurteilung der Ursachenkette erforderlich. Hierbei ist die kritische Untersuchung folgender Einflussfaktoren notwendig:

    - Heiz- und Lüftungsverhalten der Bewohner

    - Funktionsfähigkeit der Heizungsanlage

    - Wärmeschutz und Wärmebrücken

    - Luftdichtigkeit der Gebäudehülle

    - Erhöhtes Risikopotential bei "jungen Gebäuden"

    - Raumklimatische Veränderungen in der Folge von Wohnungs-Sanierungen

 

2 Mykologische Grundlagen

Spezies

Schimmelpilze bestehen aus schlauchförmigen Strukturen mit einem Durchmesser von 2-10, den sog. Hyphen. Diese bilden während des Wachstums ein Geflecht, das insgesamt Myzel genannt wird. Schimmelpilze leben terrestrisch und gelten als ubiquitär (allgegenwärtig).

Während der vegetativen Entwicklungsphase (Tropophase) haben die Hyphen ständigen Kontakt mit dem Nährsubstrat und die Biomasse nimmt gleichmäßig zu.

Anschließend, bei vermindertem Nährstoffangebot, beginnt die Sekundärstoffwechselphase (Idophase), es bilden sich während dieser Fruktifikation Luftmyzel und Vermehrungsorgane, die häufigsten sind Sporen und ihre Träger, die Konidien.

Die meist vegetativen Fruchtformen geben sehr hohe Sporenmengen an die Luft ab, welche Distanzen von mehreren hundert Kilometern zurücklegen können. Die Sporen sind insofern auch in Innenräumen grundsätzlich gegenwärtig. Sie sind anspruchslos und breiten sich rasch aus auf Nahrungsmitteln, aber auch auf Holz und Papier aus. Die Inkubationszeit beträgt oft nur wenige Stunden.

 

Unter den insgesamt ca. 250.000 bekannten Schimmelpilzarten sind neben den erwünschten Speisepilzen und dem ungewollten Schimmel auf Nahrungsmittel im Zusammenhang mit Baumängeln 4 Spezies besonders hervorzuheben:

 

Cladosporium herbarum:

dunkelgrauer Schimmelpilz, in der Luft allgegenwärtig

Aspergillus:

Gelbgrün bis Grünschwarzer Schimmelpilz, dessen Sporen bei Allergikern häufig Reizwirkungen hervorrufen

 Penicillium:

Der grüne bis türkisblaue Schimmelpilz, dessen Kulturen zu der Entdeckung des Serums Penicillin geführt haben. Besonderes Erkennungsmerkmal beim Betrachten unter der Lupe sind pinselartige Konidien.

Alternaria:

Schwarzer Schimmelpilz, in der Luft allgegenwärtig

Die äußeren Existenzbedingungen sind bei den meisten Schimmelpilzarten weitgehend identisch. Häufig treten daher insbesondere die vorgenannten Schimmelpilze als Mischkulturen auf. Die visuelle Erscheinungsform und die Farbgebung der Kulturen ist derartig vielfältig, dass durch eine Inaugenscheinnahme alleine keine Identifizierung einzelner Spezies möglich ist. Dies muss Laboranalysen vorbehalten bleiben.

In gesundheitlicher Hinsicht ist eine weitere Spezies hervorzuheben:

Stachybotrys

Schwarzer Schimmelpilz, der selten nachgewiesen wird. Gleichwohl wird gerade diese Spezies in medizinischer Hinsicht gegenwärtig als gesundheitsbedenklich eingestuft, aufgrund hoher mykotoxischer Eigenschaften. Diese stehen auch in abwehrender Form gegenüber den zunächst genannten 4 Spezies, so dass ein gemeinsames Vorkommen ausgeschlossen wird.

Bakterien

Die früheren Veröffentlichungen zum Gesundheitsrisiko durch mikrobiologischen Befall innerhalb von Gebäuden befassen sich im Wesentlichen mit der Anwesenheit von Schimmelpilzen. Erst in jüngerer Vergangenheit wächst unter den Wissenschaftlern die Erkenntnis, dass neben den Schimmelpilzen auch eine Reihe von Bakterien unter ähnlichen Lebensbedingungen als Folge eines Gebäudeschadens gleichzeitig anwesend sein können. In Zukunft wird sich der Augenmerk daher auch deutlich in diese Richtung orientieren müssen.

Grundlagen für das Wachstum von Schimmelpilzen und Bakterien

Mikroorganismen benötigen  folgende Lebensbedingungen:

Hohe relative Luftfeuchte:

Die Entwicklung der Sporen findet in der Regel bei einer hohen advertiven Feuchte von 90% statt, d.h. es wird zumindest kurzfristig eine Feuchtigkeitsanreicherung an der Bauteiloberfläche benötigt. Wenn die Sporenkeimung stattgefunden hat, ist der Schimmelpilz auch noch bei einer relativen Luftfeuchte von ca. 70% entwicklungsfähig. Periodischer Kondenswasserniederschlag ist somit in der Lage, den Schimmelbewuchs zu fördern. Auch bevor Tauwasser an der Oberfläche sichtbar wird, kann im Zustand der Kapillarkondensation ein mikrobieller Befall entstehen.

Fehlende Frischluftzufuhr:

Sofern ein ausreichendes Frischluftangebot besteht, kann ein Kondenswasserfilm an der Oberfläche nicht entstehen und dem Schimmelpilz fehlt das notwendige feuchte Milieu.

Ausreichende Nährstoff-Ressourcen:

Als Nährstoff benötigt der Schimmelpilz Kohlenstoffvorräte, wie z.B. Stärke, Cellulose und Lignin. Raufasertapeten enthalten diese Nährstoffe in Form von Zucker, Eiweiß und Lignin. Im durchfeuchteten Zustand in der Kombination dieser Bestandteile mit Wasser eine nahezu perfekte Nährlösung für den Schimmelpilz.

Aber auch auf älteren bereits fungizid behandelten Oberflächen kann Schimmelpilz gedeihen, wenn eine oberflächige Ablagerung von organischen Verunreinigungen zuvor entstanden ist.

ph - Wert:

Die Schimmelpilze gedeihen vorzugsweise in einem leicht sauren Milieu bei ph- Werten zwischen 4,5 und 6,5. Einzelne Arten entwickeln sich jedoch auch bei einem ph- Wert um 2 oder bei einem ph- Wert um 8.

Temperatur:

Die Mindesttemperatur für das Myzelwachstum beträgt 0° Celsius. Die Idealtemperatur beträgt zwischen 20° Celsius und 45° Celsius.

Eines haben alle Schimmelpilzarten gemeinsam: Sie entstehen vorzugsweise dort, wo auch konzentrierte Feuchtigkeit auf den innenseitigen Bauteiloberflächen vorhanden ist. Insofern sind die weiterführenden Betrachtungen und Untersuchungen hier anzusetzen.

 

2.3 Medizinische Risiken

Während der vegetativen Entwicklungsphase (Tropophase) haben die Hyphen ständigen Kontakt mit dem Nährsubstrat und die Biomasse nimmt gleichmäßig zu. Es entstehen Primärstoffwechselprodukte und Enzyme.

Anschließend, bei einsetzendem Nahrungsmangel, beginnt die Sekundärstoffwechselphase (Idiophase), es bilden sich Luftmyzel und Vermehrungsorgane. Es entstehen Sekundärstoffwechselprodukte wie Antibiotika und Mykotoxine. Antibiotika können in geringen Konzentrationen die Bildung anderer Mikroorganismen hemmen oder sie abtöten. Das bekannteste Antibiotikum, Penicillin wird aus dem Schimmelpilz Penicillium gewonnen.

Von den etwa 200 Mykotoxinen ist allgemein eine Zelltoxizität bekannt, aber auch immunsuppressive, erbgutverändernde und krebserzeugende Wirkungen.

Mögliche Formen der Exposition sind:

Orale Aufnahme durch unbeabsichtigten Verzehr von verschimmelten Produkten. Selten entsteht hierbei eine akute Vergiftung. Vielmehr ist die chronische Aufnahme geringer Mengen in medizinischer Hinsicht bemerkenswert.

Inhalative Aufnahme durch Einatmen der allgegenwärtigen luftgetragenen Sporen. Bei allergisch veranlagten Personen können asthmatische Atemwegserkrankungen bewirkt werden. Gesunde Personen sind in der Regel nicht beeinträchtigt. Infektionen können allerdings ausgelöst werden bei abwehrgeschwächten Personen, z.B. nach Organzverpflanzungen, bei HIV-Patienten, Dialysepatienten, Diabetikern, Lebererkrankungen (chron. Alkoholismus, Hepatitis B u. C), Lungenerkrankungen (TBC, Asthma, chron. Bronchitis).

Transcutane Aufnahme durch Berührung der Pilzbefallenen Flächen = externe Infektion. Meist können die Pilze nur bei vorgeschädigten Organen, z.B. durch Verbrennung, Verätzung oder Ekzeme auch in das subkutane Bindegewebe eindringen und dort zu Infektionen führen.

 

Exposition und Gesundheitsrisiko

Grundsätzlich wird in der Medizin der Zusammenhang zwischen Exposition und Gesundheitsrisiko bejaht. Insbesondere hat die Langzeitbeobachtung herausgestellt, dass es besondere Risikogruppen gibt, aufgrund anhaltender Exposition innerhalb eines Milieus mit extrem hoher Luftsporenbelastung. Bei diesen Fällen ist  anhand des veränderten Blutbildes der Nachweis einer dauerhaften Belastung mit gesundheitlichen Folgen möglich.

Zu diesen berufsbedingten Risikogruppen zählen insbesondere:

    - Farmer und Landwirtschaftsarbeiter

    - Arbeiter in Kompostieranlagen

    - Arbeiter in Düngemittelbetrieben

    - Arbeiter in Müllverbrennungsanlage

 

Die Frage, ob Schimmelpilz im Einzelfall ein Gesundheitsrisiko darstellt, sollte daher immer und ausschließlich einem individuellen medizinischen Befund vorbehalten bleiben und setzt beim Arzt Kenntnis über die Exposition des Patienten voraus. Nach Mücke & Lemmen gilt ein Schimmelpilzbefall dann als Belastung, wenn die intramurale Sporenkonzentration um mehr als 100 KBE/m3 (Koloniebildende Einheiten / m3 Raumluft) oberhalb der extramurale Sporenkonzentration liegt. Weiterhin gilt hier ab einer Gesamtbelastung von 250 KBE/m3 ein Zusammenhang zwischen Exposition und gesundheitlicher Belastung als gegeben.

 

2.3.5 Erkrankung durch Schimmelpilz

Zu der Frage, wann Erkrankungen tatsächlich durch eine Schimmelpilzbelastung in Wohnräumen ausgelöst werden, liegt eine gemeinsame Ausarbeitung der Zwillingsbrüder Dr. med. habil. Peter C. Clemens und Dr. jur. Thomas Clemens vor, die vom Verband der Bausachverständigen Norddeutschlands im April 2001 veröffentlicht wurde. In lobenswerter Schlichtheit wird die Kausalität zwischen einer gegebenen Schimmelpilzbelastung und den klinisch erkannten Symptomen der Patienten hergestellt. Die Beweiskette ist hierbei wie folgt aufgebaut:

    1. Pilznachweis – Nachweis des Pilzbewuchses an Bauteilen innerhalb des Wohnbereiches.

    2. Nachweis der intramuralen Sporenluftkonzentration des gleichen Pilzes – erst, wenn von dem bereits körperlich erkannten Pilz auch eine relevante Sporenbelastung innerhalb der Wohnung ausgeht, kann über Inhalation ein Kontakt mit den Schleimhäuten stattfinden (Anmerkung: eine Belastung wird vorausgesetzt bei einer intramuralen Sporenkonzentration > 250 kbE/m3 und intramurale Sporenkonzentration > extramurale Sporenkonzentration + 100 kbE/m3)

    3. Allergie-Antikörpernachweis des selben Pilzes beim Patienten – durch den Bluttest muss für den selben Pilz die Bildung von Allergenen beim Patienten nachgewiesen werden (RAST = spezifisches IgE, mindestens Klasse 2 (1) bzw. durch Hauttest-Nachweis

    4. Klinische Symptome einer allergischen Erkrankung der Schleimhäute, die Luftkontakt haben – beispielhaft sind genannt:

      a) allergischer Schnupfen

      b) Bindehautentzündung

      c) Asthma Bronchiale, d.h. dauernd oft wiederkehrend erschwerte bzw. pfeifende Ausatmung (Giemen beim ärztlichen Abhorchen), zumindest aber Ausatmungsminderung im – ab dem 7. Lebensjahr – durchführbaren Lungenfunktionstest

Erst, wenn die wohnungsspezifischen Belastungsvoraussetzungen mit den klinischen Symptomen des Patienten auf diese Weise in Einklang gebracht worden sind, gilt der Nachweis der Kausalität als erbracht.

 

 

3 Bauphysikalische Grundlagen

Aufgrund des für die Schimmelpilzbildung erforderlichen frei verfügbaren Wassers (aw –Wert) kann die Entstehung von Schimmelpilz immer als Indikator für eine mangelhafte bauliche oder nutzungsbedingte Situation angesehen werden. Zwei unterschiedliche bauphysikalische Vorgänge gehen der Schimmelpilzbildung häufig voraus:

 

- Tauwasserausfall auf Bauteiloberflächen oder im Bauteilquerschnitt

- Durchfeuchtungen der Bauteile

 

Im Einzelnen kann hierauf wie folgt eingegangen werden:

 

3.1 Tauwasserausfall auf Bauteiloberflächen

3.1.1 Taupunkt

Luft, die mit Wasserdampf gesättigt ist, hat eine relative Luftfeuchtigkeit von 100%. Diese Sättigungsgrenze ist abhängig von der Lufttemperatur. Wärmere Luft hat einen höheren Sättigungsgehalt als kalte Luft. Erwärmt man also in einem geschlossenen System feuchte Luft, ohne dass Wasserdampf nachströmt, sinkt die relative Luftfeuchtigkeit. Umgekehrt erhöht sich die relative Luftfeuchtigkeit, wenn die Luft abgekühlt wird.

Die Temperatur, auf die eine abgeschlossene Luftmenge absinken muss, bis die relative Luftfeuchtigkeit 100% beträgt, wird als "Taupunkt" definiert. Wird die Taupunkttemperatur unterschritten, wird Wasserdampf als Nebel sichtbar und auf festen Oberflächen fällt Tauwasser aus.

Prominentes Beispiel hierfür ist das kühle Glas Bier, das im warmen Raum sofort beschlägt und damit zum Indikator für das Vorhandensein von Feuchtigkeit in der Raumluft wird. Solange die Temperatur des Bieres unterhalb der spezifischen Taupunkttemperatur der Umgebungsluft liegt, fällt permanent Tauwasser an der Außenseite des Glases aus.

Werden diese beiden vorgenannten Temperaturen unter den oben genannten Randbedingungen  z.B. von Wand- oder Fensteroberflächen unterschritten, fällt dort definitiv Tauwasser aus. Auf Glasscheiben und Spiegeln wird dies durch Beschlagen visualisiert, auf Wandoberflächen nimmt man den Tauwasserausfall selten wahr, weil Putz und Tapete häufig zunächst eine Speicherwirkung ausüben. Ständig innenbeschlagene isolierverglaste Scheiben sind daher ein deutliches Indiz für die nachhaltige Unterschreitung des Taupunktes.

 

3.2 Durchfeuchtungen der Bauteile

Bauteildurchfeuchtungen können als Auswirkungen folgender Ursachen auftreten:

3.2.1 Mangelnde Schlagregensicherheit der Außenwände. Hierzu zählen:

Mangelhafter Farbanstrich

Stark saugfähiges Verblendsteinmateria

Stark saugfähige Verfugung von Verblendsteinen

Fehlerhaft angedichtete Bauteilanschlüsse

3.2.2 Kapillar aufsteigende Feuchtigkeit infolge fehlender oder mangelhafter Sperrschichten.

3.2.3 Durchfeuchtungen erdberührter Bauteile infolge mangelhafter oder unzureichender Bauwerksabdichtung.

3.2.4 Restfeuchtigkeit junger Bauwerke sowie Durchfeuchtungen infolge von Witterungseinflüssen aus der Bauzeit.

3.2.5 Dachleckagen

3.2.6 Leitungshavarien, Rohrbrüche

 

 

4 Kategorien für die Ursachen der Schimmelpilzentstehung

Schimmelpilzsporen sind praktisch ständig in der Umgebungsluft vorhanden. Erst das Vorhandensein der oben näher beschriebenen Lebensbedingungen erlaubt es ihnen, sich aktiv an Bauteilflächen anzusiedeln. Die Inkubationszeit beträgt nur wenige Tage.

In bauphysikalischer Hinsicht von besonderer Bedeutung sind die Außenbauteile. Hierbei sind folgende bauphysikalische Vorgänge, der Übersichtlichkeit halber aufgeteilt in Kategorien bemerkenswert. Sofern eine finale und verbindliche Beurteilung der Ursachen für einen konkreten Schimmelpilzbefall erforderlich sind, sollte dies einem spezialisierten Fachmann vorbehalten bleiben. Dieser wird unter sorgfältiger Berücksichtigung aller inneren und äußeren Einflussfaktoren eigene Messungen am Objekt vornehmen und sich einen situativen Gesamteindruck verschaffen. Sofern notwendig, wird er ergänzende Laborbefunde hinzuziehen, um dann anhand der getroffenen Auswertungen eine abschließende Beurteilung vornehmen zu können.

Auch eine mögliche Überschneidung mehrerer unterschiedlicher Ursachen muss ebenso in Betracht gezogen werden, wie eine Ursachenverkettung in zeitlicher Abfolge. So führt z.B. eine gravierende Bauteildurchfeuchtung immer auch zu einem unvermeidbaren und daher unverschuldeten Anstieg der relativen Raumluftfeuchte innerhalb von Mietwohnungen. Pauschale Schimmelpilz-Beurteilungen sind daher stets fehl am Platze.

Es lassen sich jedoch typische Erscheinungsmerkmale in Zusammenhang bringen mit einer statistischen Ursachen-Häufigkeit.

Im folgenden werden zunächst die verschiedenen Ursachen-Kategorien vorgestellt. Anschließend erfolgt in Kapitel 5 die Darstellung der Befalls-Typen. Die typischen Verknüpfungen von Ursache und Wirkung sind in Matrix-Form in der Graphik „Tabelle 5.1“ dargestellt.

 

    - Ursachenkategorie 1: Überhöhte Luftfeuchtigkeitsproduktion

    - Ursachenkategorie 2: Unzureichende Fenster-Lüftung

    - Ursachenkategorie 3: Permanente Kipplüftung

    - Ursachenkategorie 4: Unzureichende Beheizung

    - Ursachenkategorie 5: Motorische Badentlüftung: Flusenfilter verstopft

    - Ursachenkategorie 6: Mobiliar vor Außenwänden

    - Ursachenkategorie 7: Vorhänge vor Außenwänden

    - Ursachenkategorie 8: Thermotapeten, Korktapeten an  Außenwänden

    - Ursachenkategorie 9: Geringe Wärmedämmung von Außenwänden

    - Ursachenkategorie 10: Geometrische Wärmebrücken

    - Ursachenkategorie 11: Anfangsfeuchte im Neubau

    - Ursachenkategorie 12: Bauliche Abdeckung und falsche Position der Heizkörper

    - Ursachenkategorie 13: Übergroße Fensternischen

    - Ursachenkategorie 14: Konstruktive Wärmebrücken

    - Ursachenkategorie 15: Lüftungsmöglichkeiten unterdimensioniert

    - Ursachenkategorie 16: Motorische Badentlüftung defekt

    - Ursachenkategorie 17: Fehlende Schlagregendichte von Außenwänden

    - Ursachenkategorie 18: Aufsteigende Feuchtigkeit in Außenwänden

    - Ursachenkategorie 19: Rohrleitungsschäden

    - Ursachenkategorie 20: Dachundichtigkeiten

 

5 Prüf- und Messverfahren für die Bestimmung von Schimmelpilz

5.1 „In Situ“-Untersuchungen

 

5.1.1 Geruch

Schimmelpilzbefall zeichnet sich in der Wachstumsphase durch einen typischen muffigen Geruch aus, der Assoziationen mit einem Kartoffelkeller oder einer Waschküche hervorruft. Verantwortlich hierfür sind

MVOC   (Microbial volatile organic compounds)

oder deutsch: Mikrobielle flüchtige organische Substanzen).

MVOC weisen sehr unterschiedliche Wesensmerkmale auf. Unterschieden wird zwischen MVOC mit hohem „Sinkeffekt“, die sehr stark an die Bausubstanzen, Einrichtungsgegenständen oder Stoffen anhaften. Substanzen mit hohem Sinkeffekt können auch noch in Räumlichkeiten nachgewiesen werden, wenn die Wachstumsphase bereits abgeschlossen ist. Materialien mit niedrigem Sinkeffekt verfügen nicht über diese anhaftende Eigenschaften. Der Nachweis derartiger Substanzen bedeutet einen aktiven Befall.

 

5.1.2 Schimmelsuchhund

oder Schimmelspürhund, wird gezielt zum Aufspüren von Schimmelherden und insbesondere zur Feststellung des Schadensortes immer dann eingesetzt, wenn die Patientensymptome deutlich auf eine innerräumliche mikrobielle Belastung hinweisen, ohne dass ein sichtbarer Befall vorliegt. Der Spürhund wird speziell auf die flüchtigen mikrobiellen organischen Verbindungen, die durch Stoffwechselvorgänge freiwerden, sensibilisiert und kann die Anwesenheit eines mikrobiellen Befalls auch bei Hohlraumschäden in Gipskartonständerwänden oder innerhalb einer Trittschalldämmschicht wahrnehmen und markieren. Der Umfang zerstörender Untersuchungen wird dadurch erheblich minimiert.

 

5.1.3 Mycometertest

Ein steril vorbereitetes Wattestäbchen wird in eine Buffer-Lösung eingetaucht, die in einer mitgelieferten Ampulle enthalten ist. Das Wattestäbchen wird dann innerhalb der Konturen einer mitgelieferten Rahmenschablone über die Verdachtsfläche gestrichen. Wenn im Wachstum befindlicher Schimmelpilz eingefangen worden ist, sind Enzyme vorhanden. Diese können mit Hilfe der Nährlösung so in Moleküle abgespalten werden, dass der abgespaltenen Anteil fluoresziert. Die Messung erfolgt ambulant mit einem Fluoreszenzmeter.

Vorteil: - schnelle eindeutige Methode

  - Sanierungskontrolle möglich

Nachteil: - die Schimmelpilzart wird nicht identifiziert

 

Nährschalenpositionierung

Vor Ort können aktive oder passive Nährbodenschalen positioniert werden. Die luftgetragenen Sporen siedeln sich infolge von Sedimentation auf diesen Nährböden an.

Nachteil: - die Schimmelpilzart wird nicht identifiziert, die Quantifizierung ist nicht

     möglich

 

5.2 Laborbefund

Materialprobe

Bei der Laboruntersuchung von eingereichten Materialproben erfolgt zunächst eine Sichtung unter dem Auflichtmikroskop, um den optimalen Bereich für die weitergehende Analytik festzulegen. Aus diesem Bereich werden dann Teilproben hergestellt, die weiter behandelt werden.

Zur Verhinderung einer gegenseitigen Beeinflussung werden die unterschiedlichen Arten der Mikroorganismen (Bakterien und Schimmelpilze) durch verschiedene Vorgänge voneinander separiert und getrennt aufgezüchtet.

Luftprobe

Die Bestimmung der Sporenkonzentration innerhalb der Luft kann über Sporensammler erfolgen, die mit Ihren gefetteten oder geölten Objektträgern absinkende Sporen aufnehmen. Der aussagefähige Messwert wird ausgedrückt in der Einheit:

                  KBE/m³  (Koloniebildende Einheiten pro m³ Raumluft)

Die motorisch angesaugte Luftmenge muss kalibrierbar und präzise messbar sein, weil nicht generell eine Luftmenge von 1m³ angesaugt wird, sondern bei hoher Belastung nur ein Bruchteil davon.   Dies hängt damit zusammen, dass die Dichte der Kolonien-Spots nicht zu groß sein darf, damit die Auszählung der Kolonien überhaupt funktioniert.  Zweckmäßig sind Geräte, in die Standard – Petrischalen eingesetzt werden können, weil hierdurch die Handhabung und die Weiterbearbeitung durch die Laboratorien vereinfacht wird. Die angesaugte Luft wird an der Oberfläche der Petrischale vorbeigeleitet, die Sporen aus der Luft verbleiben auf dem Nährboden, der anschließend im Labor bebrütet wird.

 Luftsporensammler

In das Gerät werden industriell präparierte Nährböden eingesetzt. Diese werden von den Herstellern in Kunststoffschalen mit abnehmbarem Deckel portioniert. Die für die Schimmeluntersuchung relevanten Nährmedien sind beispielsweise:

- DG 18

- Malzextrakt Agar

Die Inkubation erfolgt bei geschlossener Schale  unter konstanten Temperaturbedingungen (z.B. 22°C oder 25°C ) während eines Zeitraumes von einer Woche. Nebenher kann auch ergänzend an weiteren Proben eine Inkubation bei 37°C (Körpertemperatur des Menschen) erfolgen, wenn bereits pathogene Befunde erforderlich sind. Die Luftfeuchtigkeit im Inkubationsraum ist dabei unerheblich, weil das Nährmedium über eine hinreichende Eigenfeuchtigkeit verfügt und der Deckelverschluss für ein ausreichend feuchtes Milieu an der Probenoberfläche.

 

Nach der Inkubation erfolgt die Auszählung der inzwischen angesiedelten Kolonien durch Betrachtung im Auf- oder Durchlicht mit dem Stereomikroskop. Hilfreich sind dabei Nährbodenschalen mit Gitternetz-Struktur oder aber transparente Gitterscheiben, damit eine sektionsweise Zählung möglich ist. Spezielle Inkubationszähler verfügen außerdem über kumulative Zählvorrichtungen.

 

Neben der Anzahl der KBE ist auch deren Identifikation erforderlich. Die Vielzahl der Spezies macht es erforderlich, dass dies einem erfahrenen Mykologen und seinem Laboratorium vorbehalten bleiben sollte.

Vorteil:  Sehr gute Reproduzierbarkeit der Messergebnisse

Nachteil:  Hohe Gerätekosten für die Probennahme

 

Abstrichprobe /Abklatschprobe

Bei Laboranalysen von Abstrichproben oder Adhäsivproben werden im Hinblick auf einen Schimmelpilzbefall nur die schnellwachsenden Arten sichtbar. Eine exakte und vergleichende Mengenbestimmung kann nicht durchgeführt werden. Abstrichproben können insofern nur zu einer Artenbestimmung herangezogen werden. Viele Laborbefunde, die in Gerichtsverfahren eingeführt werden, beschränken sich insofern regelmäßig auf die Darstellung des Arten-Spektrums, unter Verzicht auf eine quantitative Aussage.

 

MVOC-Messung

MVOC-Messungen sind Luftanalysen durch Laboratorien, bei denen ein absorbierendes Ansaugrohr mit Aktivkohlefilter  eingesetzt wird. MVOC ( = mikrobial volatile organic compounds) werden durch Stoffwechselvorgänge durch Schimmelpilze und bakterien ausgeschieden. Die MVOC-Identifikation und -Qualifikation erfolgt mit Hilfe der Gas-Chromatografie, die Klassifizierung nach Erfahrungswerten.